Klippen und Quaken
Was als Spaziergang via geologisch interessante Ecken in Luzern zum renaturierten ex-Schiessplatz der Allmend vorgesehen war, wurde wegen spannenden Informationen und Gesprächen über Geologie und Etymologie zum langsamen Bummel. Das Quaken im Biotop wurde deshalb auf den Frühling 2023 verschoben.
Wanderung zu Geologie, Biologie, Etymologie und Wirtschaftskunde im Süden der Stadt Luzern
Ein prominentes Mitglied hat uns mit seinem Besuch beehrt, Wilfried Meulenbergs, NFI (Naturfreunde Internationale)-Vizepräsident aus Gent / Belgien. Er war auf dem Weg zur Naturfreundehaus Reutsperre, wo er ein Kletterlager der belgischen NF betreut.
Botanisches…
Das Dutzend Naturfreunde wanderte vom SBB-Torbogen ausgehend, der SGV-Werft entlang. Was Luzernerinnen und Luzernern ein gewohntes Bild ist, die historischen Raddampfer auf dem Vierwaldstättersee, löste beim belgischen Gast grosses Erstaunen und Respekt aus. Weiter ging es zur „Aufschütte“, wo mit dem Aushubmaterial des Autobahntunnels Sonnenberg vor 40 Jahren eine wunderbare Parkanlage geschaffen wurde. Beata Pedrazzini, unsere Botanikerin, wies auf die Vielfalt der Baumarten hin, die damals angepflanzt wurden.
… und Geologisches
Weiter ging es dem Uferweg entlang, via Wagner-Villa zur Warteggrippe. Unterwegs zeigte unser Geologe Alex Schönenberger die Gesteinsschichten Sandstein und Nagelfluh und führte einen chemischen Schulversuch zur Erkennung der Gesteinsarten durch. Erstaunlich, dass man schon in wenigen Gehminuten vom Zentrum Luzerns in eine kleine Wildnis gelangt.
Mit Blick auf die Rigi und den Pilatus erklärte Geologe Alex Faltung und Überschiebung der Alpen. Zu hören war, dass die Rigi eigentlich kein Berg im geologischen Sinne ist, sondern nur eine schräg geratene Ablagerung eines alten Flussbettes. Eigentlich logisch, denn Nagelfluh, woraus die Rigi besteht, besteht aus den im Wasser der Urflüsse rundgeschliffenen Steinen unterschiedlicher Herkunft und Farbe, die mit Sand und Mergel verkittet sind. Deshalb ist Nagelfluh brüchig und unstabil. Der Bergsturz von Goldau 1806, der das alte Dorf zuschüttete, ist ein trauriges und weitherum bekanntes Beispiel dazu. Die obersten Schichten der Alpen sind nicht immer die jüngsten, wie man logischerweise denken würde. Manchmal handelt es sich um ältere, von Süden her überschobene Schichten. Gut zu sehen ist dies am Grossen Mythen bei Schwyz. Der oberste Teil besteht aus iberischem Kalk, der deutlich rötlicher erscheint als die darunter liegenden jüngeren Schichten. „Gut zu sehen ist die rote Zipfelmütze des Mythen vom Zuger-Naturfreundehaus Schienberghütte aus, am besten bei Sonnenuntergang“, ergänzt der hier schreibende Aargauer Naturfreund und freut sich diebisch, auch seinen Senf dazu geben zu können.
… dazu Etymologisches…
Interessant waren die Ausführungen des Wanderleiters zum Namen „Fräkmünt“. So heissen noch heute mehrere Alpgebiete beidseits des felsigen Pilatus. Die aus dem Lateinischen mons fractus (Deutsch „zerbrochener Berg“) stammende Bezeichnung galt einst dem ganzen Gebirge. Das felsige Massiv wurde zur Zeit der Christianisierung in Pilatus umbenannt, möglicherweise aufgrund einer Sage, wonach die schuldbeladene und deshalb ruhelose Seele des römischen Feldherrn Pilatus in ein Seelein westlich des Gipfels verbannt worden sei. Das bekannt häufige Donnergrollen könnte diesen Glauben wohl beflügelt haben. – Ergänzung des Schreibenden gemäss Wikipedia: Die Sprachwissenschaft hat freilich eine weniger mythologische Erklärung für diese Umbenennung. So könnte sich der Name des Berges Pilatus vom lateinischen pilleus ableiten, was Filzkappe bedeutete. Dazu passt, dass sich am Pilatus häufig Wolken zusammenballen, die für ergiebige Niederschläge sorgen. Aufgrund dieser Wolkenbrüche – vielleicht auch aus Furcht vor dem sagenhaften Pilatus – war das Besteigen des Bergs noch im 16. Jahrhundert durch den Stadtrat von Luzern verboten.
…bis zur Wirtschaft(skunde)
Rechtzeitig vor Mittag endete die verkürzte Wanderung im Restaurant Sternegg, Kühlung war angesagt.
Fotos uns Text: Hans Kaufmann